In seinem Gedichtzyklus Die Stimme spricht (1934/36), der im schweizerischen und italienischen Exil entstand, verarbeitete Karl Wolfskehl (1869-1948) nicht nur das persönliche Schicksal der Emigration, sondern begegnete auch der Anfechtung jüdischer Identität durch den Nationalsozialismus. Der Zyklus ist als Zwiegespräch mit einer göttlichen Stimme gestaltet, in dem das lyrische Ich zunächst den Verlust der Heimat beklagt, ehe es in diesem Verlust das Schicksal der Juden als wanderndes und leidgeprüftes Volk gespiegelt sieht und neues Vertrauen zu Gott schöpft. Aufgrund seiner vielfältigen Bezüge zur jüdischen Religion, zum germanischen Altertum und zur römisch-christlichen Antike ist „Die Stimme spricht“ so bildungsgesättigt und poetisch dicht wie kaum ein anderer Zyklus Karl Wolfskehls. Wie bringt man eine solche Dichtung dem Leser von heute nahe? Was muss man tun, damit diese Gedichte verständlich werden? Welche Bedeutung hatte Italien für die Selbstbetrachtung des Dichter? Antworten gibt Ralf Georg Czapla, Herausgeber der neuen Wolfskehl-Ausgabe und Literaturwissenschaftler an der Universität Heidelberg, gibt über alle diese Fragen Auskunft.