Kategorie: Neu im Bestand

kurze Buchbesprechungen bei Neuanschaffungen

Buchrezension „Durch das Jüdische Jahr“ von Renate Schwarzbauer

Dalia Marx, Durch das Jüdische Jahr. Übersetzt aus dem Hebräischen von Ulrike Offenberg. 384 Seiten, Verlag Hentrich & Hentrich, 2021.

 

Dieses Buch ist als Begleitung für das ganze Leben angelegt. Man kann es wieder und wieder aufschlagen: die vielen Gedichte und Gebete lesen, die klaren Gedanken der israelischen Rabbinerin und Professorin Dalia Marx zu den jüdischen Festen, Feiern, Gedenktagen und Ritualen im Jahresverlauf. Sie reflektiert in gut verständlichen Worten über die Thora, die Beziehung der Menschen zu G’tt, zur Natur, zu Israel und zur Diaspora, die bewegte Geschichte der Jüdinnen und Juden. Wirklich zu Ende gelesen haben wird man das Buch nie – und will das auch gar nicht: So vielfältig ist es, so schön, ernsthaft und herzlich.

In zwölf Kapitel ist es eingeteilt, entsprechend dem jüdischen Monatskalender, beginnend mit Tischrej und Marcheschwan, endend mit den Monaten Aw und Elul. Der Autorin gelingt es, Menschen anzusprechen, die sich schon auskennen mit dem jüdischen Jahreskreis und religiösen Persönlichkeiten in Geschichte und Gegenwart. Aber es überfordert auch nicht Leserinnen und Leser ohne tiefere Kenntnisse. Von Seite zu Seite regt es an, mehr zu lernen, sich tiefer einzulassen in die zahlreichen Aspekte der jüdischen Feiertage. Dabei ist der Blick auf Frauen und Familie, vielfältige jüdische Lebensgestaltung, Hoffnung, Zuversicht und Überwindung von Leid immer gegeben. Eine Wohltat fürs Auge sind die klaren, einfarbigen Illustrationen aus dem jüdischen Alltagsleben von Elad Lifschitz. Die Übersetzung von Rabbinerin Dr. Ulrike Offenberg, gibt die besondere Sprachfarbe, die Dalia Marx jedem einzelnen Monat zugedacht hat, eindrücklich auf Deutsch wieder.

Im Vorwort lädt Ulrike Offenberg gerade auch Christinnen und Christen zur Lektüre ein und betont, dass die Entstehung der deutschen Ausgabe Prof. Dr. Ursula Rudnik viel zu verdanken hat. Frau Prof. Dr. Rudnick ist die Studienleiterin des Vereins Christen und Juden Niedersachsen.

 

Renate Schwarzbauer

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Buchvorstellung „Modern aus Tradition: 250 Jahre liberales Judentum in Deutschland“

Am Mittwoch, den 09. Februar 2022 um 19.00 Uhr findet in Kooperation mit der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover eine interessante Buchvorstellung mit dem Autoren Hartmut Bomhoff in den Räumen der Gemeinde statt. 

 

Das Buch führt in Text und Bild vor Augen, wie vielfältig sich das liberale Judentum nach der Schoa hierzulande zeigt: egalitär, zeitgemäß und offen für den Dialog. Die Liberale Jüdische Gemeinde Hannover ist ein anschauliches Beispiel dafür. „Modern aus Tradition: 250 Jahre liberales Judentum in Deutschland“ kann auch bei uns in der Bibliothek ausgeliehen werden.

 

Referent: Mitautor Hartmut Bomhoff

Hartmut Bomhoff ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Abraham Geiger Kollegs an der Universität Potsdam, des ersten Rabbinerseminars in Deutschland nach der Schoa. Zahlreiche Veröffentlichungen zur jüdischen Religion, Geschichte und Kultur

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Neu im Bestand: Modern aus Tradition: 250 Jahre liberales Judentum. Hrsg. von Walter Homolka, Heinz-Peter Katlewski und Hartmut Bomhoff.

 

Zuerst könnte man denken: Ist der Titel dieses Buches nicht ein Widerspruch in sich? Modernes Judentum leben und zugleich der Tradition verpflichtet sein – geht das überhaupt? Dann wird bei der Lektüre deutlich: Das ist kein Widerspruch. Das ist der Kern des liberalen Judentums, und beide Seiten passen sehr gut zusammen!

Die Seite der Tradition, das bedeutet: den Glauben an den einen, unteilbaren G’tt und Schöpfer bewahren, Tora und Talmud studieren, zu Hause und in der Gemeinde den Shabbat halten, die Feste feiern und die jüdische Ethik der Achtung vor dem Leben bewusst gestalten. Die Seite der Moderne wiederum stellt Fragen, die sich gerade heute drängend stellen, und gibt Antworten: Welches ist die Rolle der Frau im Judentum? Wie werden Jungen und Mädchen religiös erzogen? Wer ist jüdisch? Wer gehört heute dem Bund an, der vor mehreren 1000 Jahren geschlossen wurde mit den Kindern Israels?

Veränderung, so beschreibt es das Buch anschaulich, ist schon lange Teil des Judentums. So gibt es zum Beispiel keine Tieropfer mehr, keine Kapitalstrafen, keine Vielehe, keine Sklaverei. Das liberale Judentum aber geht bewusst zusätzliche Schritte der Veränderung: Frauen können das Rabbinat ausüben und Kantorin sein, die Trennung von Männern und Frauen in der Synagoge ist aufgehoben, eine Scheidung hängt nicht mehr vom Ausstellen eines Scheidungsbriefes durch den Mann ab, Mädchen werden Bat Mitzwa genauso wie Jungen Bar Mitzwa.

„Die Reformbewegung in Mitteleuropa vererbt dem liberalen Judentum eine Pionierrolle“, heißt es an einer Stelle des Buches. Wir erfahren vieles über Persönlichkeiten des progressiven Judentums seit dem 18. Jahrhundert: Israel Jacobson zum Beispiel, Abraham Geiger, Ludwig Philippson, Leo Baeck oder Regina Jonas, die 1935 die erste Rabbinerin in Deutschland und weltweit wurde. Sie alle legten neben der Kenntnis des Hebräischen auch Wert auf die gesprochene Landessprache und förderten moderne Bibelübersetzungen.

In einem weiteren Teil des Buches stellt sich uns mit aktuellen Fotos und Texten das heutige religiöse Leben in den progressiven Gemeinden Deutschlands vor. Die Liberale Jüdische Gemeinde Hannover ist mit rund 800 Mitgliedern derzeit die größte dieser Gemeinden!

Herausgeber Prof. Dr. Dr. Walter Homolka ist Rabbiner und Vorsitzender der Union Progressiver Juden in Deutschland. Sein Einsatz über Jahrzehnte hinweg trug maßgeblich zur Institutionalisierung des liberalen Judentums in Deutschland bei. Er lehrt an der School of Jewish Theology der Universität Potsdam und ist Gründer und Direktor des seit 1999 bestehenden Abraham Geiger Kollegs in Berlin, an dem liberale Rabbinerinnen und Rabiner sowie Kantorinnen und Kantoren ausbildet werden. Mitherausgeber Hartmut Bomhoff ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der School of Jewish Theology sowie Redakteur der Zeitschrift Jewish Voice from Germany. Heinz-Peter Katlewski ist Autor und Journalist, unter anderem mit dem Arbeitsschwerpunkt Geschichte und Gegenwart des liberalen Judentums. Das Buch ist schön gestaltet und -auch ohne Vorkenntnisse – sehr gut lesbar.

 

Renate Schwarzbauer

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